Der Frauenanteil in der Geschäftsleitung der Bernerland Bank beträgt stolze zwei Drittel. Trotzdem steht in der Bank seit kurzer Zeit eine Arbeitsgruppe im Einsatz. Sie soll Wege und Mittel finden, um den Anteil von Damen insbesondere im mittleren Kader zu erhöhen. Warum ist das nötig geworden und welche Auswirkung soll das haben? Peter Ritter, Geschäftsführer und einziger Mann in der Geschäftsleitung, erklärt im Interview.
Peter Ritter, die Geschäftsleitung der Bernerland Bank setzt sich aus Ihnen, Irene Meyer und Bettina Wüest zusammen. Wie ist es, in diesem Gremium der einzige Mann zu sein?
Ganz ehrlich: Ich finde, die Zusammensetzung könnte besser nicht sein. Gerade in der Bankenbranche bin ich nämlich nur allzu oft in Gremien unterwegs, die von Männern dominiert sind. Das ist höchst selten bereichernd, wenn nicht bisweilen sogar etwas mühsam.
Die Zusammenarbeit in unserer Geschäftsleitung ist im Vergleich dazu entspannt und anregend. Ich halte den Mix auch in keiner Weise für bemerkenswert, sondern vielmehr für völlig normal und alltäglich. Er ist sehr befruchtend.
Erhalten Sie manchmal Reaktionen, wonach die Geschäftsleitung der Bernerland Bank doch eine eher unübliche Zusammensetzung hat?
Der schöne Damenanteil wird tatsächlich wahrgenommen – eher und oft aber mit einem bestimmten Mass an Neid. Spannend erscheint mir, dass bei uns auf dem Land nicht ein altes Muster herrscht, sondern dass wir hier offenbar eher bereit sind, eine Leistung unabhängig vom Geschlecht zu respektieren. Übrigens nehmen bei uns auch im Verwaltungsrat zwei Damen Einsitz.
Obwohl die Frauenquote in der Geschäftsleitung ausgesprochen hoch ist, hat die Bernerland Bank jetzt aber doch eine Arbeitsgruppe ins Leben gerufen. Sie soll ein teilzeitfreundliches Führungsmodell insbesondere für weibliche Mitarbeitende erarbeiten. Wie ist es dazu gekommen?
Wir haben festgestellt, dass der Frauenanteil im mittleren Kader sehr klein ist. Also, was heisst WIR haben festgestellt? Eigentlich waren es unsere jungen Führungskräfte der Generation Y, die diese Feststellung gemacht haben und sie als schlecht beurteilen. Und ich teile ihre Meinung.
Obwohl der Anteil an Mitarbeiterinnen in der ganzen Bank 70 Prozent beträgt, haben wir derzeit effektiv nur eine einzige weibliche Filialleiterin. Dem wollen wir nun bewusst entgegenwirken.
Warum beurteilen Sie den fehlenden Frauenanteil als ungenügend und was wollen Sie mit der Arbeitsgruppe ändern?
Diversifizierte Teams bringen bessere Ergebnisse. Das ist aus verschiedenen Studien bekannt. Damit meine ich aber nicht vorweg das Geschlecht – obwohl Frauen einfach anders denken als Männer. Damit können sie Diskussionen und auch Resultate auf eine andere Ebene bringen. Wir streben ganz allgemein eine Vielfalt an: Die Mischung aus erfahrenen und jungen Mitarbeitenden erachten wir als ebenso notwendig wie unterschiedliche Charaktere, Kompetenzen und Einstellungen. Wichtig ist, dass die Mitarbeitenden zu uns als Bernerland Bank passen.
Aber zurück zur eigentlichen Thematik: Wir wollen ein Zeichen setzen. Chancengleichheit zwischen Frau und Mann soll eine Selbstverständlichkeit sein. Wir wollen erkennen, wo es aus weiblicher Sicht auf der Karriereleiter allfällige Hemmnisse gibt, sie aus dem Weg räumen und den Damen so den Weg ins mittlere Management ebnen.
Wie geht die Arbeitsgruppe denn nun genau vor?
Um einer Fehlannahme vorzugreifen: Die Arbeitsgruppe hat keinesfalls den Auftrag, für eine «Frauenquote» zu sorgen. Die Gruppe soll sich vielmehr der Fragestellung annehmen, wie wir Möglichkeiten schaffen können, um die Diversität im mittleren Kader zu erhöhen. Absehbarerweise werden die Mitglieder etwa das Mitarbeiterhandbuch analysieren und untersuchen, ob dort etwas klemmt. Erörtern, was andere Firmen erfolgreich umsetzen. Und ob es Möglichkeiten für ein Job Sharing oder andere Anreize gibt.
Die Grundlage dafür hat übrigens eine junge Mitarbeiterin mit ihrer Diplomarbeit im Rahmen einer Weiterbildung erarbeitet. Die Verfasserin ist selber auch Teil der Arbeitsgruppe.
Was versprechen Sie sich von den Resultaten der Arbeitsgruppe?
Es ist sehr interessant zu beobachten: Schon nur wegen der Gründung der Gruppe und noch bevor überhaupt erste Resultate vorliegen, nehme ich eine grosse Innenwirkung und einen stark motivierenden Effekt beim Personal wahr. Diese Stimmung möchten wir natürlich auch nach aussen tragen und jede Möglichkeit nutzen, um uns als moderne Arbeitgeberin zu präsentieren und uns als Organisation weiterzuentwickeln.
Und das ist wohl selbsterklärend: Im Endeffekt erwarte ich mittelfristig mehr Damen im mittleren Kader.
Sina Johnsen