Wohin geht die Reise für eine traditionelle Bank? Auf welche Herausforderungen, Gefahren und Chancen trifft sie? «Retro» liegt im Trend. Können also ganz traditionelle Werte der Schlüssel für die Zukunft sein? Peter Ritter, Geschäftsführer der Bernerland Bank, macht sich Gedanken dazu.
Jeder hat sie, jeder braucht sie. Aber welches sind eigentlich die Hauptaufgaben einer Bank?
Eine ihrer Haupttätigkeiten ist die Vermittlung bzw. Transformation von Geld zwischen Anlegern und Schuldnern. Mit Transformation ist die Umwandlung von Betragsgrössen, von Fristigkeiten und auch von Risikobedürfnissen gemeint. Vielleicht lässt sich das mit der Elektronik vergleichen, wo zum Beispiel Gleichstrom in Wechselstrom umgewandelt wird.
Die Bank ist zudem der verlängerte Arm der Notenbank. Diese tätigt selber keine Anlagen oder Ausleihungen mit Privatpersonen und Firmen. Vielmehr reguliert sie die Geld- und Währungspolitik eines Landes. Dies führt zur zweiten Hauptfunktion der Bank: die Aufgabe der Geldschöpfung.
Auf der Bank kann man also seit jeher Geld sparen und sich Geld leihen - darum nennen sich heute noch viele Banken «Spar- und Leihkasse». Das ist eine jahrhundertelangen Tradition. Damit verbunden ist ein tiefes Vertrauen zwischen Kunde und Bank.
Bei der Ausführung der traditionellen Aufgaben stossen Banken heute immer wieder auf Herausforderungen. Durchforste ich die Geschäftsberichte verschiedenster Akteure in der Branche, fallen immer wieder dieselben zwei Brocken auf: die Digitalisierung und die rückläufigen Margen im Kredit- und Anlagegeschäft.
In der Bankenwelt ist die Automation dank der eingesetzten Informatik seit Langem weit fortgeschritten. Der Anschluss von Geldautomaten an das Bankensystem und der elektronische Zahlungsverkehr sind für uns ganz normal. Nachholbedarf sehe ich bei der umfassenden und durchlässigen Interaktion mit den Kunden. Und ich bin gespannt darauf, welche Entwicklungsschritte die Branche diesbezüglich in den nächsten Jahren geht. Denn dank der Erfahrungen mit vergangenen Veränderungen sind die Banken gut gewappnet, auch diese aktuelle Herausforderung zu meistern.
Der Margeneinbruch war sich die Bankenbranche bis vor etwa zehn Jahren nicht gewohnt. Aber so funktioniert nun mal die Wirtschaft: Mehr Wettbewerb führt zu zusätzlichem Druck auf die Margen. Davon profitieren natürlich die Kunden. Gleichzeitig spornt er die Firmen an, effizienter zu produzieren und zu geschäften.
Ein weiterer Knackpunkt sind die ultratiefen Zinsen. Sie sind als mögliche volkswirtschaftliche Gefahr zu werten und werden damit auch die Banken treffen:
Sicherheitsorientierte Anleger haben spätestens seit 2015 nichts mehr zu lachen: Geldanlagen bringen kaum mehr Erträge. So bekommt ein Anleger für eine erstklassige Obligation am Ende der Laufzeit sogar weniger zurück als er am Anfang angelegt hat. Zynisch könnte man das auch «Zwangsentsparen» nennen. Auf der anderen Seite ist es für die öffentliche Hand eine Wohltat, wenn sie mit Schulden Geld verdient. Zunehmend kommen aber Zweifel auf, ob mit zusätzlichen Schulden überhaupt geeignete Investitionen getätigt werden.
Stellen Sie sich vor, diese Mechanik könnten wir auch bei Hypotheken anwenden. Es wäre wie im Märchen, wenn Sie für Ihre Hypothek Geld bekommen, anstatt Zinsen zu bezahlen. Allerdings wäre wahrscheinlich mit verschiedenen Nebenwirkungen zu rechnen: Die Banken würden wohl generell Negativzinsen auf Geldanlagen verlangen. Auch würden die Immobilienpreise für Wohnliegenschaften zusätzlich explodieren. Bargeldhortung, Verzicht auf Investitionen und Konsum könnten weitere Folgen sein. Letztlich würde die gesamte Volkswirtschaft, also wir alle, inklusive der Banken, Schaden nehmen.
Schnelllebigkeit, News, stetige Erreichbarkeit und Online-Shopping gehören dank Internet und Handy zu unserem Alltag. Fake News verbreiten Sorgen und Angst. Gleichzeitig sehnen wir uns nach Entschleunigung. Nachhaltigkeit gewinnt an Bedeutung. Beim Konsum(rausch) ist zu hoffen, dass der Faktor «Gier» weniger wichtig wird. Erste Anzeichen dafür sind schon da.
Wohin führen uns diese Entwicklungen? Zurück zur Tradition? «Retro» – oder eben der Stil von früher – ist im Trend. Warum also könnten nicht auch Traditionen und Tugenden aus der Vergangenheit zu Chancen werden?
Die Bernerland Bank ist eine traditionelle Bank. Mit Jahrgang 1847 hat sie schon Einiges erlebt. Während dieser langen Zeit durfte sie immer auf das Vertrauen ihrer Kunden zählen. Das hat bestimmt auch damit zu tun, dass sich die Bank zusammen mit ihren Mitarbeitenden laufend verändert und ihre Geschäftstätigkeit an die Bedürfnisse der Kunden angepasst hat.
Traditionelle Banken, die Bernerland Bank eingeschlossen, werden und müssen sich stetig verändern. Qualität und Sicherheit persönlicher Dienstleistungen dürften dabei an Bedeutung gewinnen und Volumen- und Margendenken in den Hintergrund drängen. Was bleiben muss, ist das traditionelle Kundenvertrauen, das wir uns über Jahrzehnte aufgebaut haben. Es ist ein elementarer Grundstein für uns. Ich bin überzeugt, dass das Kundenvertrauen der Schlüssel dazu ist, auch andere, nicht traditionelle Bankdienstleistungen, anbieten zu können, welche die bisher bekannten ergänzen.
Peter Ritter
Geschäftsführer der Bernerland Bank